In Frankreich treiben Unternehmen und Regionen Wasserstoffprojekte voran

Die Vorhaben für grünen Wasserstoff haben sich rasant vermehrt. Viele Firmen bündeln ihre Aktivitäten oder schließen sich zusammen und weiter treten neue Akteure auf die Bühne.

Mit einer nationalen Strategie hat die Regierung seit September 2020 die Förderung verstärkt und landesweit wird eine Fülle von Projekten für die Herstellung und den Einsatz von CO2-freiem Wasserstoff lanciert. Sogar der Eiffelturm musste Ende Mai 2021 als Demonstrationsobjekt herhalten und wurde einen Abend lang mithilfe von Brennstoffzellen grün angestrahlt. Da in Frankreich die Kernenergie in der Stromerzeugung weiter eine dominante Rolle spielt, ist der Wasserstoff aus der Elektrolyse nach der im Sektor gebräuchlichen Farbskala zum Teil "grün" aus erneuerbaren Quellen oder "pink", wenn er aus Kernenergie gewonnen wird.

Die nationale Strategie sieht Fördermittel von 7,2 Milliarden Euro vor bis 2030 und davon 3,4 Milliarden Euro bis 2022, um den CO2-Ausstoß in der Industrie und im Transport zurückzudrängen und die inländischen Wertschöpfungsketten im Sektor zu stärken. Um die Vorhaben mit dekarbonisiertem Wasserstoff zu versorgen, sollen bis 2030 Elektrolysekapazitäten von 6,5 Gigawatt entstehen. Dabei könnte die Herstellung ab 2022 durch Ausschreibungen zur Vergabe von Zuschlägen gefördert werden.

Seit 2018 hatte die Regierung über Projektaufrufe 19 Vorhaben für den Wasserstoffeinsatz mit 98 Millionen Euro gefördert. Im Oktober 2020 hat sie zwei Projektaufrufe lanciert, die zusammen mit 625 Millionen Euro dotiert sind. Nach einer ersten Auswahl von sieben Vorhaben, soll im Juni 2021 erneut im Rahmen des Projektaufrufs für regionale Wasserstoffvorhaben eine Zuteilung erfolgen. Es handelt sich vielfach um die Einrichtung von Elektrolyseanlagen und Tankstellen für kommunale Fahrzeuge. Derzeit würden 32 Anträge bearbeitet mit über 1 Milliarde Euro an Investitionen, meldet das Umweltministerium. Für den anderen Projektaufruf soll die maximale Förderung von zwischen 40 und 60 Prozent auf bis zu 75 Prozent angehoben werden.  

Projektaufrufe für Wasserstoffanwendungen im Konjunkturpaket France Relance

 

Projektaufruf

Frist

Fördermittel (in Mio. Euro)

Ausgewählte Projekte

Regionale Wasserstoff- Ökosysteme (Ecosystèmes territoriaux hydrogène)

14.9.21

275

7 Vorhaben für 136 Mio. Euro (45 Mio. Euro an Förderung)

Technologische Bausteine und Demonstrationsprojekte (Briques technologiques et démonstrateurs hydrogène)

31.12.22

350

Auswahl steht noch aus

Quelle: Ministère de la transition écologique

Diese Vorhaben reihen sich in eine stark wachsende Anzahl von rein privaten sowie regional oder von der EU-Kommission geförderten Projekten ein. Nach Aussagen der Umweltministerin Barbara Pompili gibt es bereits Vorhaben für die Erzeugung von Wasserstoff per Elektrolyse von 3,2 Gigawatt. Bei der Erzeugung sticht ein Projekt von Air Liquide mit Siemens Energy hervor (H2V Normandie), das auch Teil eines geplanten IPCEI-Vorhabens (Important Project of Common European Interest) von Deutschland und Frankreich werden könnte. Hier geht es um eine Anlage von 200 MW in Port-Jérôme, die ab 2022 oder 2023 Wasserstoff für verschiedenen Industrien und für die Mobilität liefern soll.

IPCEI ermöglichen EU-Mitgliedstaaten die Vergabe höherer Subventionen. EU-Mitgliedsstaaten, darunter Deutschland und Frankreich, wollen noch 2021 entsprechende Wasserstoffvorhaben lancieren. Frankreich hat dafür 1,5 Milliarden Euro vorgemerkt. Noch 2021 könnten die Projekte ausgewählt werden und dies wird dem Sektor großen Schub geben.

Auswahl von Vorhaben im Wasserstoffsektor

 

Vorhaben

Investitionen (in Mio. Euro)

Stand/Akteure

H2V Normandie (PEM-Elektrolyseanlage von 200 MW) in Port-Jérôme

230 bis 251

Ankündigung im Februar 2021; H2V Industry, Air Liquide und Siemens Energy

H2V Gandrange (2 Elektrolyseanlagen, insgesamt 200 MW)

250

Inbetriebnahme erst 2025 nach Bodensanierung am Standort; H2V Industry

Fabrik für Brennstoffzellen in Saint-Fons

140

Baubeginn noch 2021 und Inbetriebnahme ab 2023; Symbio (Joint venture von Faurecia und Michelin)

Masshylia (100 MW Photovoltaikfarm, Elektrolyseanlage von 40 MW) in La Mède

k.A.

Inbetriebnahme ab 2022; Total und Engie

Cannes Lérins H2 (Erzeugung für öffentlichen Verkehr)

75

Im Dezember 2020 Zusage staatlicher Förderung; Gemeinden in der Region und Hynamics (EDF)

Fabrik für Elektrolyseure in Belfort

30 bis 40

Inbetriebnahme im 1. Halbjahr 2024; McPhy

Fabrik für Teile von Elektrolyseuren in Aspach

38

Ankündigung im Mai 2021; Inbetriebnahme Ende 2022; John Cockerill

VHyGO (3 Produktionsstandorte für 3,5 MW, 3 Tankstellen, Wasserstofffahrzeuge)

38

Im Dezember 2020 Zusage staatlicher Förderung; Regionen Bretagne, Pays-de-la-Loire, Normandie und Lhyfe

Quelle: Afhypac, Tagespresse

In der Fabrikation von Anlagen und Komponenten sind ebenfalls viele Projekte am Laufen darunter vier Fabriken für Elektrolyseure. Der französische Hersteller von Elektrolyseanlagen McPhy will in Belfort eine Fabrik für Elektrolyseure errichten und will dafür ebenfalls Fördermittel im Rahmen eines IPCEI erhalten. Hier spielt auch die Nähe zu Deutschland als wichtigem Absatzmarkt eine Rolle, ebenso wie für das Projekt H2V Grandange zur Wasserstoffproduktion. Hier könnte eine Anbindung an das Gasnetz zwischen dem Saarland und Frankreich erfolgen. Hier wird derzeit das Projekt mosaHYc zur Umrüstung der Netze für eine Wasserstoffeinspeisung vorangetrieben, das auch Teil eines von beiden Ländern geförderten IPCEI für Wasserstoff werden will.  

In der Wasserstoffmobilität hat die Regierung Anfang 2021 höhere Kaufanreize für Wasserstofffahrzeuge angekündigt, weil sowohl Renault als auch Stellantis Wasserstoffmodelle ihrer Lieferwagen auf den Markt bringen. Zudem hat die französische Bahngesellschaft SNCF zwei Jahre nach Betreibern in Deutschland und der Schweiz im Februar 2021 eine erste Bestellung für 12 Wasserstoff-betriebene Züge des französischen Herstellers Alstom aufgegeben. Sie sollen Ende 2025 zum Einsatz kommen. Darüber hinaus gibt es eine Fülle von kleineren Projekten von Gemeinden, die einen Teil ihrer Müllwagen- oder Busflotten auf Wasserstoff umstellen wollen. Safra erhält Fördermittel, um die Produktion von Wasserstoffbussen auszubauen und Gaussin entwickelt neben Wasserstofffahrzeugen für das Flughafenvorfeld autonome Wasserstoff-Lkw. DB Schenker wird einen Teil der Lkw-Flotte, die für L'Oreal im Einsatz ist auf Wasserstoff umrüsten lassen.

Airbus soll Wasserstoffflugzeug bauen

Die Wasserstoffnutzung wird aber auch in der Schiff- und Luftfahrt vorangetrieben. Im Rahmen eines Hilfsprogramms für die Luftfahrt von 15 Milliarden Euro hatte Wirtschaftsminister Bruno Le Maire Anfang Juni 2020 die Entwicklung eines Wasserstoffflugzeuges bis 2035 in Aussicht gestellt. Zwischen 2026 und 2028 soll die Industrie mit Airbus als Herzstück Prototypen vorstellen. In der Schifffahrt gibt es bereits zahlreiche Projekte für wasserstoffbetriebene Yachten und Boote. Das Startup EODev, das auch für die grüne Beleuchtung des Eiffelturms verantwortlich war, will während der Olympiade 2024 in Paris Personenfähren auf der Seine mit Wasserstoff antreiben.

Frankreich verfügt über Firmen, die mit Wasserstoff große Ambitionen verknüpfen. Ein Joint Venture des Reifenherstellers Michelin und des Kfz-Zulieferers Faurecia, Symbio, will ebenso ein führender Anbieter von Wasserstoffantrieben für Kfz werden wie der ebenfalls gut aufgestellte Zulieferer Plastic Omnium, der mit McPhy bei Tankstellen und mit der deutschen Firma Ekpo bei Brennstoffzellen zusammenarbeitet. Darüber hinaus ist Renault mit dem US-amerikanischen Unternehmen Plug Power ein Joint Venture eingegangen. Auch die französischen Energie- und Gaskonzerne Total, Engie, Air Liquide und EDF (Hynamics) treiben zahlreiche Projekte in der Wasserstoffnutzung voran, vielfach um ihre Produktionsprozesse zu dekarbonisieren.